ARRIETTY – DIE WUNDERSAME WELT DER BORGER ist ein grossartiger japanischer Zeichentrickfilm. Produziert wurde er vom Studio Ghibli, dessen Logo du vielleicht kennst. Dieses riesige Plüschtier mit Katzenkopf, das von Hayao Miyazaki erfunden wurde.

Hayao Miyazaki ist ein ausserordentlicher Filmemacher, dem wir so wunderbare Filme wie KIKIS KLEINER LIEFERSERVICE, CHIHIROS REISE INS ZAUBERLAND und natürlich MEIN NACHBAR TOTORO verdanken. Er war es auch, der das Drehbuch zu ARRIETY geschrieben hat. Das Drehbuch? In diesem wichtigen Dokument steht ganz genau, wie der Film zu machen ist.

Weil der schon ältere Miyazaki den Film nicht mehr selbst drehen wollte, vertraute er die Regie einem jüngeren Kollegen an. Aber keine Sorge, der Film ist so gut, als hätte er ihn selbst gemacht.

Aber gehen wir an dieser Stelle zuerst mal etwas zurück in der Zeit… Die Geschichte von ARRIETTY – DIE WUNDERSAME WELT DER BORGER stammt aus einer illustrierten Romanreihe, die Miyazaki in seiner Jugend gerne las. Geschrieben wurde sie von der englischen Schriftstellerin Mary Norton.

Nachdem Miyazaki diese Romane in späteren Jahren noch einmal las, beschloss er, einen Film daraus zu machen. Er machte also eine sogenannte Verfilmung, bei der die Sätze der Schriftstellerin in bewegte Bilder und Töne umgesetzt werden.

Der grosse Animationsfilmmeister beschloss, nur den ersten Roman dieser Reihe zu verfilmen und die Handlung in sein Heimatland Japan zu verlegen.

Genau wie im Roman ist die Geschichte des Films im Fantasygenre angesiedelt. Stell dir ein altes Haus in einem wundervollen Garten vor. Hier wohnt die Familie der winzigen Arrietty, allerdings heimlich unter den Fussbodendielen, denn sie sind «Borger».

Arrietty kennt die Regel: Geborgt wird nur, was man zum Leben braucht, und zwar in ganz kleinen Mengen, damit die Hausbesitzer nichts bemerken. Einen Knopf hier, einen kleinen Löffel dort, ein Zuckerstück, eine Stecknadel…

Ausserdem muss sich Arrietty vor der Katze in Acht nehmen. Schliesslich ist sie nur zehn kleine Zentimeter gross.

Ach ja, dann gibt es noch eine weitere Regel, und zwar die wichtigste von allen: Man darf unter keinen Umständen von den Menschen gesehen werden! Werden sie entdeckt, müssen die Borger so schnell wie möglich ausziehen, was sehr gefährlich sein kann.

Arrietty hält sich streng an diese Regeln und ist stolz darauf, ihren Papa auf den Streifzügen durchs Haus der Menschen begleiten zu dürfen. Er bringt ihr bei, wie man sich Dinge borgt. Eines Tages kommt ein Junge ins Haus. Er heisst Sho und muss sich vor einer schweren Herzoperation schonen und ausruhen.

Die winzige Borgerin ist sehr berührt von der Anwesenheit dieses erstaunlich sanften «Riesen». Wird sie so weit gehen, sich ihm zu zeigen und gegen die Regeln verstossen?

Lassen wir den Film selbst diese spannende Frage beantworten und sprechen wir lieber über die aussergewöhnliche Erfahrung, die du beim Schauen machen wirst.

In vielen Sequenzen wirst du die Welt durch Arriettys Augen entdecken. Ganz so, als wenn du an ihrer Stelle wärst. Aus ihrer Perspektive erscheint alles gigantisch gross: das Puppenhaus, die Grashalme, ein einfaches Stück Zucker oder die Teekanne.

Öffne auch gut deine Ohren, denn dasselbe passiert mit dem Ton. Wie du gleich hören wirst, tönen für die winzige Arrietty alle Geräusche viel lauter. Zum Beispiel das Brummen des Kühlschranks oder das Ticktack der Uhr.

Das ist kein Zauber, sondern ein filmischer Kniff. Aber die Wirkung, die er auf uns Zuschauerinnen und Zuschauer hat, ist wirklich zauberhaft!

Indem der Film uns die Welt sehen, hören und fühlen lässt, als wären wir selbst winzige Borger, verstärkt er unser Verständnis für sie. Und so ist es ja auch: Um jemanden verstehen zu können, muss man sich in ihn oder sie einfühlen.

Und tatsächlich können wir von diesen Borger, die nie etwas verschwenden, einiges lernen. Wir, die immer mehr und noch mehr haben wollen. Angefangen beim respektvollen Umgang mit der Natur, den die Borger ganz selbstverständlich pflegen.